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Kleine Landmühlen:
ein Kulturerbe

von Egon Mordhorst

Jedes Jahr am Pfingstmontag …

… wird in ganz Deutschland der „Deutsche Mühlentag“ gefeiert. Damit erinnert man daran, dass die Mühlen einst wichtige Funktionen für die Bevölkerung erfüllten. Mit unserer Mühle „Anna“ in Norby, Gemeinde Rieseby, waren wir schon viele Male dabei.

Die Geschichte unserer „Anna“ ist typisch für das Schicksal aller kleinen Landmühlen, die es früher in jedem Ort gab. 1911 wurde sie als so genannte Holländer-Windmühle gebaut und ist damit die jüngste Windmühle in Schleswig-Holstein. In dieser Zeit hatte das Mühlensterben längst eingesetzt, und an Neubauten wurde eigentlich nicht mehr gedacht. Aber mein Großvater (August Mordhorst) wollte wieder eine Windmühle, nachdem die alte Mühle auf dem selben Platz 1910 abgebrannt war. Natürlich wurde in dieser Zeit eine Mühle noch gebraucht und hatte auch eine Zukunft. Acht Bauernhöfe in Norby, unmittelbar vor der Tür, brachten Arbeit und dem Müller sein Auskommen. Selbst in Rieseby gab es noch eine zweite Windmühle in Basdorf. Beide Mühlen versorgten die Gemeinde und die umliegenden Orte.

Es war eine Zeit, in der noch fast jeder Bauer seinen eigenen Backofen hatte und sein Brot selber backte. Also brachte er sein Korn zur Mühle um es schroten zu lassen. Jeder Landarbeiter und jeder Bürger in Rieseby war mehr oder weniger Selbstversorger. Jeder Haushalt hielt Schweine und Hühner im Stall, das Futter gab es in der Mühle. Die Güter hatten zum Teil eigene Mühlen. Die Landarbeiter aber, und das waren die meisten Menschen in unserer Gemeinde, brachten Ihr Deputatkorn zur Mühle, um es da für ihr Viehzeug mahlen zu lassen.

So ging es über Jahrhunderte, und man glaubte, es würde so bleiben. Aber es kam alles anders. Um 1900 kamen auch auf dem Lande die ersten Bäckereien auf. Zuerst wurden sie von den kleinen Landmühlen mit Backmehl versorgt. Aber nach und nach kamen die ersten Großmühlen mit ihren Produkten auf den Markt. Sicherlich wären viele Mühlen schon früher verschwunden, aber dann kam der erste Weltkrieg. In dieser Notzeit wurden gerade diese kleinen Mühlen auf dem Lande richtig gefordert. Als sich das Leben nach dem Krieg wieder normalisierte, begann das erste große Mühlensterben: Die Bauern bekamen die ersten eigenen Schrotmühlen, immer weniger Privatleute hatten eigene Schweine im Stall zu versorgen und die Bäckereien wurden von Großmühlen beliefert. Und trotzdem gab es immer noch viele Mühlen in unserem Land.

Die meisten Landmühlen hatten im Nebenerwerb noch eine Landwirtschaft. Nicht bei unserer „Anna“ in Norby. Meine Großeltern waren ausschließlich Müller. Als zweites Standbein wurde hingegen eine Bäckerei eingerichtet. Außerdem eine moderne Saatreinigungsmaschine, damit die Bauern sauberes und gleich großes Korn mit ihren neuen Saatmaschinen verarbeiten konnten.

Dann kam der zweite Weltkrieg. Während des Krieges, aber vor allem in der Nachkriegszeit, wurde den kleinen Landmühlen alles abgefordert. Die Großmühlen waren zerstört. Jetzt durften die Kleinen wieder ran. Unsere „Anna“ wurde auf Höchstleistung gefahren. Mein Vater hatte eine Lücke im Gesetz entdeckt: Da Hafer als Viehfutter nicht unter das Bewirtschaftungsgesetz fiel, stellte er auf ganz einfache Weise Haferflocken her - Tag und Nacht wurden jetzt Haferflocken produziert. Es war eine Notzeit, überall hungerten die Menschen. Rieseby hatte durch den Flüchtlingsstrom aus dem Osten die doppelte Einwohnerzahl. Jeder, der sich irgendwie Getreide besorgen konnte, brachte es zur Verarbeitung in die Mühle. Aber auch diese Notzeit ging bald zu Ende.

1950 ging ich in die Lehre. In vierter Generation sollte ich Müller auf der Norbyer Mühle werden. Während dieser Zeit gab es im Kreis Eckernförde noch 42 Mühlen. Bis 1960 waren es nur noch acht. Bis 1978 hat mein Vater noch gemüllert. Ich hatte mich inzwischen beruflich anders orientiert.

Die Mühle „Anna“ ist jetzt im Besitz der Gemeinde Rieseby, die das Wahrzeichen erhalten möchte. Der Verein für Museums- und Chronikarbeit hat dort ein Heimatmuseum eingerichtet. Mit viel Liebe und Geschick pflegt der Verein das Anwesen.

Das ganze Jahr über haben Besucher die Gelegenheit, sich die Mühle anzusehen. Wir hoffen, dass es uns auch in Zukunft gelingt, die Mühle zu erhalten, um nächsten Generationen die Geschichte der Landmühlen zu vermitteln.

Der Verein

Verein für Museums- und Chronikarbeit in Rieseby e. V.

Dorfstraße 19
24354 Rieseby

Kontakt per Mail

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01 76 / 26 34 29 68

Roger Indinger, Vorsitzender
01 78 / 169 76 96

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